DER GEHEIMAGENT - Zweiteiliges Hörspiel nach einem Agenten-Roman von Joseph Conrad (2016)

Quelle Foto Joseph Conrad  (bearbeitet) unter Public Domain
Author: George Charles Beresford † 1938
Hörspiel-Tipp von Nicole Glücklich (Redaktionsmitglied Baker Street Chronicle)

Der WDR hat sich Joseph Conrads politischem Roman DER GEHEIMAGENT aus dem Jahr 1907 angenommen und ihn in der Bearbeitung von Steffen Moratz in ein knapp zweistündiges Hörspiel verwandelt, welches in zwei Teilen am Mittwoch 20.09.17 und Mittwoch 27.09.17 jeweils um 20:03 Uhr bei BR2 ausgestrahlt wird. Lief zuletzt im August 2016.

Conrads Geschichte könnte, obgleich sie im ausgehenden viktorianischen England spielt, aktueller kaum sein: Der wenig erfolgreiche Ladenbesitzer Verloc arbeitet als Spitzel, um die anarchistischen Kreise Londons auszuspionieren – für eine ausländische Botschaft und für die britische Polizei.

In seinem Doppelleben hat er sich gut eingerichtet, bis der ehrgeizige neue Botschaftssekretär von ihm ein radikales Zeichen verlangt: Er soll einen Anschlag anstiften, dessen sinnlose Zerstörung die Öffentlichkeit schockiert – und die britische Regierung endlich nötigt, gegen die Anarchisten hart durchzugreifen.

Verloc lässt sich darauf ein und legt damit den Grundstein für eine Kette von Ereignissen, die nicht zuletzt in seinem eigenen Verderben enden.

Bombenattentate waren bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in London keine Seltenheit. Anarchistische Untergrundorganisationen bedienten sich mit Vorliebe Sprengsätzen, die jedoch – im Gegensatz zu aktuellen Vorkommnissen – nicht durch Selbstmordattentäter, sondern vielmehr durch ausgeklügelte Zündmechanismen ausgelöst wurden. Nicht immer gelangen die Attentate.

Damals wie heute waren solche Anschläge eine Verquickung zerstörerischer Pläne und unglücklicher Umstände, bei denen die echten Terroristen nur die Strippen im Hintergrund zogen, während ahnungslose Handlanger mit ihrem Leben bezahlten.

DER GEHEIMAGENT basiert auf einem realen Ereignis vom 15. Februar 1894, bei dem eine Untergrundorganisation einen Anschlag auf das Greenwich Observatory ausführte, der jedoch misslang.

Conrads Roman inspirierte Attentäter auch noch Jahrzehnte später. Theodore Kaczynski, der als „Unabomber“ bekannt wurde, war ein großer Verehrer Conrads. Fast zwei Jahrzehnte lang verschickte der ehemalige Mathematikprofessor des MIT Bomben, die drei Menschen töteten und bei acht weiteren dauerhafte Schäden hinterließen.

Wer nun aber glaubt, das Hörspiel käme laut und mit vielen Knalleffekten daher, der täuscht gewaltig. Vielmehr ist es ein trockenes, bestechendes Psychogramm der damaligen Zeit, voller Zynismus und leiser Beobachtungen, an dessen Ende das Gute obsiegen und die Schuld gesühnt werden muss. Oder doch nicht?

Manchmal ist es nicht so einfach zu entscheiden, wer auf der „guten“ und wer auf der „bösen“ Seite steht. Trotz allem ist die Erzählstruktur mit ihren Effekten sehr modern aufgebaut und die Länge der Geschichte auf gut verdauliche zwei Stunden komprimiert.

Leider werden die Teile nicht sehr zeitnah gesendet, da könnte man vielleicht den Faden verlieren, weshalb es möglicherweise besser ist, die Hörspiele aufzunehmen und nacheinander zu hören.

Für alle Fans von Spionage- und Geheimagentenstorys auf jeden Fall ein Hinhörer!

Arnd Klawitter ist als Hauptkommissar dabei, in Nebenrollen Peter Groeger und Walter Renneisen Felix Vörtler

Von Joseph Conrad
Bearbeitung: Steffen Moratz
Regie: Martin Zylka
Musik: Julia Klomfaß
Redaktion: Isabel Platthaus
Produktion: WDR 2016

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